Alles ruhig hier draussen

Es ist ein ruhiger Herbstabend, der Mond scheint und ich bin mit dem Auto auf dem Weg zu der Berghütte die ich für einige Tage gemietet habe. Plötzlich ertönt ein lauter Knall, alle Warnleuchten im Armaturenbrett gehen an. Der Motor läuft nicht mehr und die Lenkung ist plötzlich viel härter und ich rolle immer noch mit 80 km/h über die Strasse. Zum Glück kann ich noch richtig Bremsen und so komme ich neben der Strasse zum stehen. Ich versuche den Wagen zu starten es passiert jedoch nichts, der Anlasser rastet auch nicht mehr ein, man hört jeweils nur ein knacken und so bleibt jeder Startversuch erfolglos. Ich nehme mein Handy hervor und bemerke, dass ich keinen Empfang habe, um den Pannendienst zu kontaktieren.

Es bleibt mir also nur noch eins übrig, ich muss auf einen Hügel hoch um Empfang zu bekommen oder jemanden finden der mir helfen kann. Das Problem ist jetzt nur das ich etwa schon seit fast 1.5 Stunden auf einer einsamem Landstrasse unterwegs bin und es schon 23:00 Uhr ist. Ich entscheide mich erstmal abzuwarten, um zu schauen ob jemand hier durch fährt. Nach 30 Minuten warten ohne Erfolg entscheide ich mich jetzt einen Hügel zu suchen, um dort Handy Empfang zu erhaschen. Nehme meine Taschenlampe aus dem Wagen und versuche dan auf dem Handy die Maps App zu öffnen, leider ohne nützliches Ergebnis. Das Mondlicht reicht aus um die Silhouette eines kleinen Berges ausfindig zu machen, wie weit es jedoch ist kann ich nicht feststellen. Ich packe noch einen kleinen Rucksack mit einer Flasche Wasser, zusätzliche Kleidung, dem Schlafsack für die Berghütte und einer kleinen Plastikplane, die ich immer im Auto dabei hab.

Nun stehe ich marschbereit vor dieser dunklen Wand und über ihr das leichte schimmern des Mondlichtes. Die Stille erfüllt den ganzen Wald, einzig mein tiefes und nervöses Atmen ist wahrzunehmen. Soll ich jetzt wirklich loslaufen, was will ich denn sonst, es wird immer kälter und der Hügel scheint ja nicht weit weg zu sein. Handy weg Taschenlampe an! Im Lichtstrahl ist das schimmern des Nebels im Wald erkennbar was die Sicht zusätzlich erschwert. Ich laufe etwas zögerlich los und werfe nach den ersten paar Schritte ein Blick zurück wo die Strasse knapp sichtbar ist. Jeder Schritt durch den Wald ist wie ein schwarzer Fleck auf einer weissen Leinwand, so störend und klar, hörbar über hunderte Meter weit im dunklen Wald. Das knacken der Äste und das knistern der trockenen Blätter auf dem Moosboden, sowie das nervöse fuchteln des Lichtstrahles verraten und exponieren mich aufs Ganze.

Nun laufe ich schon seit über 45 Minuten durch diesen Wald und dieser verdammte Hügel ist immer noch nicht erreicht. Dabei dachte ich, wenn ich in die Mondrichtung gehe wo der Hügel im Mondschimmer erkennbar war, erreiche ich diesen Hügel schnell. Genau in diesem Moment erstarre ich und bemerke meine Fahrlässigkeit bei dieser Idee, den der Mond verändert seine Position am Himmel aufgrund der Erdrotation. Ein kalter schauer durchfährt meinen ganzen Körper, als ich realisiere, dass ich wie eine Mücke dem Licht gefolgt bin und dabei von meinem geplanten Weg abgekommen bin und mich verlaufen habe. Nun stehe ich irgendwo in diesem Wald ohne Empfang und Orientierung mit einer leicht spürbaren Panik.

Um die besch…e Situation perfekt zu machen, reist mich ein Geräusch aus meiner Starre. Zu meiner linken Seite etwa 150 Meter von mir entfernt nehme ich ein knacken von Ästen war, es sind schwere und langsame Schritte die in meine Richtung kommen. Total ängstlich mache ich die Taschenlampe aus, in der Hoffnung das ich nicht mehr sichtbar bin im dunklen Wald. Es bleibt stehen – Stille – Plötzlich ertönt ein tiefes Geräusch was sich wie eine Mischung aus einem Schrei und einer knarzenden Tür anhört. Mein Puls schnellt in die Höhe, ich kann es nicht zuordnen! Nun bewegt es sich weiter in meine Richtung, die Panik breitet sich bis in die letzte Zelle meines Körpers aus und ich beginne stark zu zittern. Mein Instinkt sagt mir – lauf und zwar so schnell wie möglich. Wohin? Ich weisses nicht. Ich mache die Taschenlampe an und laufe um mein Leben… Outdoor Abenteuer oder Horrorfilm?

Diese Geschichte könnte der Anfang eines Horrorfilms sein. Der Gedanke daran das wir uns selbst in einer solchen Situation wiederfinden löst in uns Unbehagen und möglicherweise auch Angst aus. Wieso passiert das? Durch das Lesen dieser Geschichte stellen wir uns diese bildlich genau vor. Unsere Fantasie und Erfahrung liefert die Ressourcen um diese möglichst echt zu gestalten. Sei es die Farbe und Marke des Fahrzeugs, die Ausrüstung und Kleidung sowie auch das Ambiente mit dem Mond. Die Geschichte wird so detailliert erschaffen, dass sie uns diese realen Gefühle spüren lässt. Wir speichern solche Fantasien mit den dazugehörigen Emotionen ab und sobald eine ähnliche Situation entsteht, verknüpfen wir diese dann mit der anderen Geschichte und das Gedankenkarussell nimmt seinen Lauf.

Genau so wirkt sich Mentales Training auf unsere Gefühle und Gedanken aus. Wir kreieren und erschaffen Bilder bis in das letzte Detail, damit wir sie möglichst real erleben können. Diese Bilder führen uns an unsere Ziele heran als hätten wir sie schon geschafft. Wir lenken unsere Gedanken bewusst in die gewünschte Richtung und vermeiden das eintreten von Störfaktoren. Gedankenchaos Was passiert nun mit den Gedanken im Kopf, wenn man sich alleine in einem dunklen Wald befindet. Genau das wollte ich herausfinden und ich entschied mich eine Nacht im Wald zu übernachten. Mein Schlafsack, gute Kleidung, eine kleine Luftmatratze und eine Plastikplane als Unterlage waren dabei. Ich habe mir in unserer Region den grössten Wald ausgesucht, damit ich möglichst ungestört in seiner Tiefe eintauchen kann.

Die Stille im Wald wirkt beruhigend, keine Vögel die zwitschern, lediglich ein Eule die sich ab und zu mitteilt, alles andere schläft. Die Gedanken sind im hier und jetzt – ich geniesse diesen aussergewöhnlichen Moment. Ich sage mir der Wald ist immer noch der gleiche wie tagsüber, der Unterschied zu jetzt, ist dess ich nichts mehr sehen kann. Ich bemerke das unerwünschte Gedanken versuchen sich einzuschleichen, um das Gedankenkarussell anzufachen. Kleine Geräusche im Wald unterstützen es dabei und lassen mich mit geöffneten Augen in den Himmel gerichtet, aufhorchen. Bevor die wildesten Fantasien dazu entstehen, breche ich diese ab und hole mich wieder ins hier und jetzt. Ich beobachte den Wald um mich herum im Mondschein und geniesse dieses erstmalige Erlebnis. Je länger ich da liege, desto mehr merke ich das all das unheimliche und bedrohliche der Dunkelheit in diesem Wald lediglich ein Konstrukt ist von meinen eigenen Gedanken.

Total entspannt und zufrieden schlafe ich ein!

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